Brett- & Rollenspiele
Aktueller Artikel:
LARP: Alte Charaktere / Charaktere aus anderer Zeit darstellen
0

LARP: Alte Charaktere / Charaktere aus anderer Zeit darstellen

von RosaconspineMai 3, 2018

Praktische Tipps & Links – günstige Larp-Kleidung und historischer Sprachgebrauch

Neulich bin ich bei teilzeithelden.de über den Artikel „Wie kannst du glaubhaft alte Charaktere spielen“ gestolpert. Hierin finden sich einige gute Ratschläge von Frauke Bitomsky, deren andere Artikel, insbesondere für Vampire-Live-Spieler, ebenfalls empfehlenswert sind.

Dennoch fehlte mir noch irgendetwas.

Da ich seit ca. 14 Jahren Vampire Live spiele, habe ich schon verschiedene Epochen und Altersklassen durch. Im Laufe der Zeit verfeinert sich die Herangehensweise an die Charaktererschaffung und die Entwicklung zur Darstellung hin. Weswegen mir der Artikel wahrscheinlich etwas unvollständig vorkam…

Denn während dort hervorragend die Grundlagen und Voraussetzungen erklärt werden, fehlen mir ein paar praktische Tipps und Links hinsichtlich Kleidung, Sprache und Wissen. Zwar werden die Themen angerissen, aber gerne möchte ich noch etwas konkreter werden und euch weiterführende Links & Infos an die Hand geben.

 

Die richtige Kleidung für unterschiedliche Epochen

Ich habe das Problem, dass ich handwerklich absolut unbegabt bin. Ich kann nicht einmal einen Knopf annähen, geschweige denn, mir selbst eine Robe aus dem 13. Jahrhundert schneidern. Deshalb gehöre ich zu der Fraktion Kaufen oder Leihen.

Im normalen Vampire Live (Masquerade) stellt das weniger ein Problem dar, wobei es hier natürlich auch auf das Alter und den Kleidungsstil des Charakters ankommt. Man muss schon immer etwas suchen, um genau die richtigen Teile zu finden.

Bei einem historisch anberaumten Setting (oder bspw. Charakteren, die anachronistisch in ihrer früheren Epoche ‚steckengeblieben‘ sind), wird es kniffeliger. Natürlich möchte man möglichst authentische Kleidung wählen, die ist aber in der Regel unbezahlbar. Und wenn man, wie ich, nicht gemäß Schnittmuster aus damaliger Zeit etwas selber machen kann, wühlt man sich schnell durch Marktplätze und Larp-Shops.

Dabei stolpert man über die unterschiedlichen Stangenwaren, Epochenmischungen und Preisdifferenzen. Doch was ist jetzt das richtige Outfit und was macht das gute, annährend historische Kostüm aus?

 

Vergegenwärtige dir die Zeit & den Kleidungsstil

Wenn man mit einer bestimmten Epoche nicht vertraut ist, sollte man sich erst einmal informieren. Hierzu zählen nicht nur ein paar geschichtliche Fakten fürs Spiel, sondern auch die Mode der jeweiligen Zeit. Ich befrage hierzu am liebsten (neben historischen Dokus o.ä.) Pinterest.

Wichtig ist natürlich, sich eher auf die ‚echten‘ Bilder zu konzentrieren, statt auf die Abbildungen von Shops. So kann man sich eine umfangreiche Sammlung der verschiedenen Stile (denn Mode war früher auch sehr regional geprägt) aus dieser Zeit erstellen.

Wenn ihr absolut unsicher bzgl. des korrekten Stils der jeweiligen Epoche seid, rate ich übrigens dazu, einfach in Larpkreisen jemanden zu fragen, der im Nähen historischer Gewandung Erfahrung hat (oder Mode-Design studiert). Da findet sich eigentlich immer jemand im weiteren Bekanntenkreis und der- oder diejenige kann euch sagen, ob das Kleidungsstück in die Zeit passt oder nicht.

Beispiel Unterhaltung zwischen einer Bekannten und mir:

„Das ist übrigens nicht Edwardianisch, sondern Belle Epoque.“

„Oh echt?“

– Kurzes Googeln –

„Naja gut, passt zeitlich auch noch in den Rahmen, aber gut zu wissen, Danke!“

Falls ihr so jemanden nicht habt, hilft euch sicher irgendein Spieler eurer Chronik/bevorstehenden Con gerne weiter.

 

„Kostüme im ‚Schichtlook‘ wirken meist authentischer“

Diesen Tipp gab mir eben bereits zitierte Bekannte hinsichtlich meiner Suche nach einem spätmittelalterlichen Kostüm. Und tatsächlich, wenn man über die verschiedenen Charaktere nachdenkt oder sich Bilder von Cons ansieht – mit Unterkleid, Überkleid, Umhang, ggf. Schürze und Behang, sehen viele Charakter ‚vollständiger‘ aus, als in einem einfachen Kleid von der Stange.

Natürlich hängt auch das sehr mit dem Charakter und der jeweiligen Epoche zusammen. Manche Bettler haben eben nur ein Kleidungsstück. Aber ob Magd, Mittelstand oder Adel – mehrteilig wirkt das Kostüm oft natürlicher.

 

Gratis bis Günstig – So findet ihr möglichst authentische und erschwingliche Larp-Kleidung

Tipp 1: Bei Freunden leihen

Die günstigste Möglichkeit, nämlich quasi gratis (wobei ein Dankeschön natürlich angebracht ist!), ist es, sich die Klamotte von einem/einer Bekannten zu leihen. Im Normalfall schlittert man ja durch irgendwen in die Larp-Kreise hinein und lernt schnell erfahrene Larper kennen. Insbesondere wenn diese handwerklich begabt sind, sammelt sich nach den verschiedenen Cons ein gewisser Fundus an.

(Zwar kaum etwas selbstgemacht – aber ich habe auch mehrere Kisten mit Kostümen und alleine eine nur mit Perücken)

Insbesondere wenn es ums erste Larp geht oder man diese Epoche wahrscheinlich nur einmalig (bzw. sehr selten) bespielt, ist Leihen oft die beste Methode.

 

Tipp 2: Leihen gegen Gebühr

In vielen Städten gibt es Kostümverleihe. Hier gilt es natürlich die Qualität zu prüfen, weshalb die vorab Recherche wieder relevant wird. Wer ungefähr weiß, wie das Outfit aussehen sollte, sieht auch schnell, ob das ein ‚billiger Karnevalsverleih‘ oder Qualitätsarbeit ist.

Auch Online kann man sich Gewandungen sowie Accessoires leihen – und das manchmal in sehr hoher Qualität. Empfehlen kann ich bspw. Wishrent.com. Hier gibt es teils sehr hochwertige Cosplay-, Larp- oder Shooting-Outfits zu kaufen oder zu leihen (je nachdem wie eingestellt).

Bspw. das historisch nachempfundene Outfit der Blutgräfin Bathory aus dem 16. Jahrhundert, bestehend aus sieben Teilen für 100 Euro die Woche.

Natürlich müsst ihr auch hier ein wenig stöbern und ggf. darauf achten, ob z.B. der Verleih nur für Shootings gedacht ist.

 

Die Leih-Varianten sind selbstredend eher für Hofhaltungen oder Adlige gedacht, die sich nicht gerade in der Schlacht auf dem Boden rumwälzen, da die Gewandungen zurückgegeben werden müssen. (Bei wishrent.com gibt es hierfür Verträge mit Kaution, bei Freunden sollte das aber auch ohne Vertrag selbstverständlich sein!)

 

Tipp 3: Gebrauchtware kaufen – Larp-Flohmärkte

Gebrauchtware findet man nicht nur bei Wishrent.com, sondern auch bei verschiedenen Marktplätzen (Ebay-Kleinanzeigen, Spock u.a.) oder – und oft hochwertiger – in den Larp-Flohmarkt Gruppen z.B. bei Facebook.

Wenn in der Flohmarkt-Gruppe gerade nicht das passende dabei ist, könnt ihr dort auch Gesuche erstellen.

Eine weitere Alternative, wobei man etwas Glück braucht, um historische Stücke zu finden, sind Secondhand Läden. Doch auch wenn hier nicht gerade das perfekte, mittelalterliche Kleid wartet – evtl. finden sich Accessoires wie Tücher, Schuhe oder auch Schmuck.

Noch eine Möglichkeit stellen Auflösungen von Theater-Fundus dar, wobei man hierbei ebenso Glück haben muss, dass die richtigen Kostüme dabei und diese dann auch noch erschwinglich sind.

Bei Gebrauchtware braucht man eben etwas Geduld und muss ein bisschen stöbern. Dafür warten hier teilweise die größten Schätze.

Diese Schuhe habe ich bspw. im Secondhandladen für 35 Euro gefunden, zusammen mit einem Vintage-Hochzeitsunterkleid für 25 Euro.

 

 

Tipp 4: Möglichst gute & günstige Neuware

Für einen dauerhaft gespielten Charakter ist die Leih-Option weniger optimal. Wer nichts oder nicht alles gebraucht gefunden hat, kann trotzdem einige Schnäppchen machen. Hierfür heißt es stöbern, stöbern, stöbern.

Handarbeit: Die mitunter beste Qualität, findet man häufig auf Etsy oder Dawanda, da hier selbstgemachte Unikate eingestellt werden (teils ebenfalls gebraucht). Um ein Schnäppchen zu machen, braucht man allerdings etwas Glück – Handarbeit hat ihren Preis und bei Etsy kommen häufig noch Zollgebühren hinzu.

Maßanfertigung/Handarbeit zum teils recht günstigen Preis – wers nicht selbst machen kann, findet auf Etsy individuelle und teils sehr hochwertige Angebote.

(Hinweis außerhalb des Artikels: Bei Etsy finden sich manchmal auch wirklich historische Stücke. Also wer richtig ‚protzen‘ möchte, kann hier auch bspw. Originalkleider von 1900 für 3000-5000 Euro kaufen.)

 

Ebay & Co.: Günstiger wird es bei Ebay. Manche mögen jetzt aufschreien/empört sein, aber ich habe sehr viele, recht gute Stücke (vor allem fast alle Perücken) bei Ebay gefunden. Das bedarf allerdings einer etwas aufwendigeren Suche…

Zunächst empfehle ich unbedingt „weltweit“ bei den Filtern (Artikelstandort) anzugeben, da erfahrungsgemäß so mehr Auswahl und auch teils bessere Qualität zum erschwinglicheren Preis auftaucht. Allerdings müsst ihr dann genau darauf achten, wo die Stücke herkommen. Ware aus China ist zwar nicht immer am schlechtesten, aber sie birgt ein hohes Risiko-Potenzial z.B. hinsichtlich der Stoffqualität.

Bei E-Bay finden sich immer wieder einige ,Schmuckstücke‘ – hier z.B. ein Kleid, dass ich mir für eine 20er-Jahre Con bestellt habe.

Guckt euch die Produkte und Bewertungen genau an und schaut ggf. die restlichen Angebote des Händlers durch. Wenn der gleiche Umhang 50x in zehn verschiedenen Farben auftaucht, ist es eher billige Stangenware.

Hat sich der Händler hingegen auf historische Gewandungen spezialisiert und keinen großen Massenwaren-Online-Shop nebenbei, könnte es sich um ein qualitativ hochwertiges Schnäppchen handeln.

Zusammengefasst bei Ebay & Co. (gewerblich; kein Privatverkauf):

  • Sucht ‚weltweit‘ bei ‚Artikelstandort‘
  • Achtet eher auf die Einzelstücke, als auf die x-mal gleichen Produktbilder
  • Checkt den Standort und die Versandkosten
  • Seht euch die anderen Angebote bzw. den Shop vom Verkäufer an
  • Achtet auf die Bewertungen
  • Schaut auch bei Ebay Empfehlungen zu ‚ähnlichen Produkten‘
  • Probiert unterschiedliche Suchwörter aus – lasst euch ggf. von euren Recherchen oder von Ergebnissen, die euch gefallen haben, inspirieren

 

Online-Shops: Larp- und Kostüm-Shops gibt es zuhauf und entsprechend unterschiedlich sind Qualität und Preis. Ich bin jemand, der, auf der Suche nach dem richtigen Outfit, gerne mal tagelang recherchiert und trotzdem stolpere selbst ich immer wieder über neue Seiten.

Probiert hierbei ruhig mal die Suche in verschiedenen Sprachen aus, verschafft euch eine Übersicht mit ‚Google Shopping‘ und schaut auch mal auf Seite 2,3,4… der Suchergebnisse.

Ich brauchte bspw. ein Kleid um 1900 herum  und stieß auf einen amerikanischen Shop, der sich darauf spezialisiert hatte. Die Qualität wich aber so stark von den Bildern und meiner Erwartung ab, dass ich den Rock sowie das Oberteil zurücksenden musste (eigentlich schicke ich so gut wie nie etwas zurück).

Ich hatte vorher schon lange gesucht und war so ziemlich alle Alternativen durchgegangen – dachte ich. Dann startete ich einen weiteren Versuch mit abgewandelten Suchbegriffen, diesmal auf Deutsch und siehe da: Ich stieß auf einen für mich neuen Shop, der mir für den gleichen Preis deutlich bessere Qualität bot.

Der Name hatte mich anfangs abgeschreckt, weil ich es für billige Karnevalskostüme hielt, aber unter dem richtigen Schlagwort, spuckte die Suchmaschine eine Anzeige des Shops mit dem entscheidenden Hinweis auf Qualität und Historizität aus. Und nachdem ich mich ein wenig durch den Shop geklickte hatte, stieß ich auf genau das, was ich suchte.

Ich habe mich letztlich für diese Miederjacke mit dazu passendem Rock entschieden – und super selten: Es sieht auch in der Realität so gut aus, wie auf den Fotos.

Vom Preis-/Leistungsverhältnis, Informationen zum Produkt sowie Qualität war ich so positiv überrascht, dass ich kostuemtruhe.de gerne weiterempfehle. (Übrigens auch mit Ladenlokal in Köln, wer sich direkt überzeugen möchte).

 

Altertümliche Sprache antrainieren: Für die authentische Darstellung & Konversation beim Larp

Frauke Bitomsky hat in ihrem Artikel ja bereits wichtige Tipps gegeben: Man muss nicht eine komplett neue Sprache lernen, es reicht, wenn man sich ein paar Wörter oder Redewendungen heraussucht. Die Frage ist: Wo macht man das?

Wie sicher vielen bekannt, gibt es ja dieses Markt typische „Mittelalter-Speech“, das bei Larpern belächelt wird und häufig aufgesetzt wirkt.

Aber wie kann man sich eine altertümliche Sprechweise antrainieren, damit sie authentisch rüberkommt?

Zum einen kann man sich möglichst historisch gehaltene Serien herauspicken, um sich ein paar Wörter audiovisuell einzuprägen. Zum anderen kann man sich einlesen. Dafür muss man keine dicken Wälzer kaufen; oft findet man Textbeispiele im Internet oder ein/zwei frei zugängliche Seiten bei Google Docs.

Überlegt euch, aus welcher Zeit/Periode/Epoche euer Charakter stammt und schaut nach, was zu dieser Zeit bedeutende Standardwerke waren; und sei es die Bibel. So sammelt ihr nicht nur ein bisschen Wissen, für den Inhalt der Konversationen, sondern könnt nebenbei bestimmte Phrasen herauspicken. Zudem bekommt ihr ein Gefühl für die Zeit.

Bei meinen Recherchen für einen Charakter, der im 19./20. Jahrhundert gelebt hat, stieß ich bspw. auf retrobibliothek.de. Ein tolles Projekt, das in Fraktur gesetzte Nachschlagewerke, Hefte, oder auch Wochenmagazine aus dem 19./20. Jahrhundert digitalisiert und verfügbar macht. Insbesondere die Reihe „Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus“ hat es mir angetan 😉

Der Rest ist dann einfach wie bei jeder Sprache: Training, Training, Training. Nach einiger Zeit wird man instinktiv den Sprachstil für den Charakter übernehmen (wie mit unterschiedlichen Stimmlagen oder Akzenten).


Ich hoffe, ich konnte euch einige praktische und vielleicht auch neue Tipps für eure Charaktere geben. Wenn Ihr weitere habt oder auch Shops/Online-Bibliotheken o.a. empfehlen könnt: Immer her damit! Ich ergänze den Artikel gerne um User-Empfehlungen bzw. erstelle beizeiten einen übersichtlicheren Artikel, mit entsprechender Link-/Empfehlungssammlung.

Sag uns deine Meinung!
Love It
0%
Interested
0%
Meh...
0%
What?
0%
Hate It
0%
Sad
0%
Über den Autor
Rosaconspine
Hi, ich bin die Rosaconspine aka Jessi. Ich bin 28 Jahre alt und leidenschaftliche Zockerin sowie großer TSM Fan :D (wird man bestimmt in einigen Artikeln merken). Mehr über mich erfahrt ihr auf der "Über uns" Seite.

Sag uns deine Meinung!